Ein autistisches Kind in Deutschland beschulen zu lassen ist schwierig.
Ob nun
Inklusiv – Integrativ – Förderschule bzw. mit Förderschwerpunkt.
Dies ist vielen Faktoren geschuldet.
Das Unwissen über Autismus bzw. einem Wissen dass durch Klischees geprägt ist einer. Überzogene Vorstellungen was ein autistisches Kind leisten kann und wie man es therapeutisch auf Spur bringen kann und die hohe Erwartungshaltung von einigen Lehrkräften (Schulform unabhängig!) sind ein weiterer Faktor. Desweiteren trägt die zum Teil richtig schlechte Unterstützung durch Sozial-, Jugend- und Schulämter dazu bei.
Gestern abend habe ich zwei Artikel in der Süddeutschen Zeitung zu Autisten in deutschen Schulen gelesen, ergänzt mit einem Interview der Vorsitzenden von Autismus Deutschland. Sie verweist auf eine Umfrage deren Ergebnisse hier nachzulesen sind.
Eine Information über diese Umfrage wurden den Eltern zu Teil, die im Bundesverband Mitglied sind oder deren Kind in einem Autismus Therapie Zentrum (kurz ATZ) angebunden ist.
Ich habe mich an dieser Umfrage nicht beteiligt, da sie meines Erachtens die Anonymität der autistischen SchülerInnen nicht gewährleistete. So fehlen z.B. meine vier autistischen Kinder in dieser stichprobenhaften Erhebung und damit auch die unterschiedlichen Erfahrungen die sie und wir als Familie gemacht haben.
Und ich denke nicht, dass ich die einzige Mutter bzw. das einzige Elter bin, dass so gehandelt hat.
Auch ist nicht erkenntlich, ob es sich um aktuelle Fälle handelt oder um Fälle aus den letzten 10~20 Jahren.
Der verlinkte Artikel spricht viele wichtige Punkte an. So zum Beispiel:
- fehlende fachliche Ausbildung von Schulbegleitungen und ein klares Aufgabengebiet.
- fehlende Nachteilsausgleiche
- mangelnde Informationen über die Möglichkeiten in einzelnen Bundesländern
- keine einheitliche Ausgestaltung der Möglichkeiten bundesweit
- fehlender Hausunterricht bzw. der Zuständigkeitswirrwarr, die Bewilligung eines zu kurzen Zeitraumes und der Lehrermangel, der diesen verunmöglicht
Aber dies sind keine neuen Fakten.
Jeder, der sich länger mit der Thematik beschäftigt hat, weiß um exakt diese Probleme und diese bestehen nicht erst, seit es Inklusion gibt.
Das Problem der Schulausschlüsse zieht sich durch alle Schulformen.
Es der Inklusion anzulasten ist nicht korrekt.
Es wurden viele Dinge abgefragt:
Folgendes wurde abgefragt:1. Bundesland,2. Klassenstufe,3. Diagnose,4. Schulform,5. ob die Beschulung integrativ erfolgt,6. ob es einen Integrationshelfer gibt,7. ob es in dem Bundesland einen rechtlich verankerten Förderschwerpunkt Autismus gibt,8. ob es bei dem Kind sonderpädagogischen Förderbedarf gibt und wenn ja welchen,9. ob es Zeiten gab, wo das Kind von der Schule ausgeschlossen war,10. Hort- und Ferienbetreuung,11. Nachteilsausgleich,12. „Was Sie uns sonst noch mitteilen möchten“.
Was mir klar fehlt ist das Alter des autistischen Kindes bei Diagnosestellung! Und wie lange der Zeitraum war, bis es zu einer Diagnose kam.
Ich möchte nochmals betonen, wie wichtig es ist Nachteilsausgleiche schriftlich zu beantragen und von der Schule bestätigen zu lassen.
Mit keinem Wort erwähnt dieser Bericht die qualitativ doch sehr abweichenden Arbeitsweisen der einzelnen ATZ, verweist aber auf diese.
Es ist hohe Zeit, dass Autismus Deutschland endlich auf die guten Impulse aus engagierten Regionalverbänden achtet und sich klar positioniert.
AutistInnen haben es sehr schwer Gehör im Bundesverband zu finden.
Ich bin zwar sehr erfreut, dass mit Birke Opitz-Kittel nun endlich eine Autistin dem Vorstand von Autismus Deutschland angehört und sie hat meine volle Unterstützung. Auch und gerade weil sie diesen Vorstoß gestartet hat:
Mir persönlich ist es wichtig, dass Autisten mitreden und nicht über sich bestimmen lassen. Das ist meine Motivation für meine Teilhabe im Bundesvorstand von autismus Deutschland e.V. Wenn ihr, liebe Autisten, euch vorstellen könnt im Vorstand eurer Region mitzuarbeiten, dann freue ich mich über eine PN. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Bedingungen für eine Mitarbeit angepasst werden und als Ansprechpartnerin für die einzelnen Regionalverbände da sein.
AutistInnen eine Stimme zu geben und diese für sich selber sprechen zu lassen. Ihnen vollumfängliche Teilhabe zu gewähren sollte die oberste Pflicht dieses Vereines sein.
Birke Opitz-Kittel sagt klar:
Solange dies nicht von Autismus Deutschland akzeptiert wird sage ich klar:
Daumen hoch!
Wir alle können was wir uns vorstellen können! Wir!!! Du, ich, er und sie.
So mancher Lehrer, Integrationshelfer, Politiker sollte sich fragen ob er nicht auch eine Diagnose verdient, die des Pessimist.
Es ist doch schön das wir alle unterschiedliche Kompetenzen haben. Wenn man mal nicht immer nach dem bewerten würde was jemand nicht kann sondern was er kann, wäre unsere Welt viel reicher.
Ich selbst kenne einige Autistische Menschen die einen tollen Gerechtigkeitssinn besitzen und somit den Arsch zur Zivilcourage haben!
Diese Kompetenz fehlt den meisten, was unsere Gesellschaft kaputt macht – oder sollte ich schreiben behindert…
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