Autismus (und ADHS), damit kann man Geld verdienen

Hört sich seltsam an, oder?

Seit über 12 Jahren beschäftige ich mich nun schon mit der Thematik Autismus.

Und ganz zu Anfang war ich erschlagen von den „Informationen“.

Wie sich erst später herausstellte, waren es in der Hauptsache allerdings keine guten Informationen.

Von der absolut defizitären Sicht bis zur Heilung fand ich ALLES.

Vorne weg viele gesponsorte Seiten, was ich allerdings erst viel später richtig einordnen lernte.

So viele Hochglanzseiten, die alles versprachen.

Mein Glück bzw. das Glück meiner Kinder war, dass es überall endlos lange Wartelisten gab.
Also hatte ich Zeit, und WIEDER das Glück, mich über die Selbsthilfe austauschen zu können.
Den Autistinnen und Autisten ist es zu verdanken, dass ich schnell von 99% der „Informationen“ und „Angebote“ Abstand nahm. Weiterlesen „Autismus (und ADHS), damit kann man Geld verdienen“

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Studien zu Autismus III, heute zu „prosozialem Verhalten“

Ich habe heute morgen eine Mitteilung über eine anlaufende Studie (Archivlink, da die Erfahrung zeigt, dass solche Mitteilungen bei zu viel Gegenwind verschwinden) zu Autismus gelesen und bin…, erzürnt ist das falsche Wort.
Passendere Worte fallen mir zwar ein, gehören hier aber nicht hin.

Zur Begriffsklärung finde ich des Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik interessant.

Prosoziales Verhalten ist ein positives, konstruktives, hilfsbereites Verhalten und das Gegenteil von antisozialem Verhalten. Allerdings spielen die Erwartungen darüber, ob sich jemand sozial verhält, für die zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle, denn Menschen passen ihr eigenes Verhalten an, je nachdem, ob sie von anderen Hilfe erwarten oder nicht. (Stangl, 2020).

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2020). Stichwort: ‚prosoziales Verhalten‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/4226/prosoziales-verhalten/ (2020-09-03)

Es wird also AutistInnen bzw. autistischen Kindern unterstellt, dass sie lernen müssen, sich sozial zu verhalten.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass unterstellt wird, dass AutistInnen bzw. autistische Kinder sich erstmal antisozial verhalten würden, weil dies ihrer Natur entsprechen würde.

Weiterlesen „Studien zu Autismus III, heute zu „prosozialem Verhalten““

Was Mobbing anrichtet und wie schwerwiegend die Folgen sind

Das hier wird keine wissenschaftliche Abhandlung. Wie auch, ich bin ja nur die Mutter von vier autistischen Kindern.

Mobbing begleitet mich seit dem ich klein war.
Nun bin ich aber in einer Generation groß geworden, als wehren noch nicht verpönt war.
Also nicht so verpönt, dass wehren pathologisiert wurde, sobald Erwachsene davon Wind bekamen.
Im besten Fall wurde die Situation des Mobbings betrachtet und es gab ne Ansage in Richtung der Mobber, im nicht so guten Fall wurde über das wehren hinweg gesehen.
So gesehen hatte ich wohl Glück und bin nur hart geworden, damit äußere Verletzungen mich nicht mehr sichtbar treffen.
Zynismus und direkte Antwort schützen.
Es ist aber ein Trugschluss, dass dies eine gute Erscheinung wäre.
Denn es bedeutet auch, dass man immer auf der Hut ist.
Das dies besonders gesund wäre, kann ich nun nicht behaupten.

Aufgrund dieser Erfahrungen war ich natürlich besonders alarmiert, als sich Mobbing im Kleinen bei unserem Ältesten sich bereits im Kindergarten zeigte. Dort war man leider nicht besonders empfänglich für den Gedanken, dass dort bereits Kleinkinder erlerntes Verhalten aus dem Elternhaus so auslebten.
Es wurde halbherzig dagegen agiert, aber es tat sich wenigstens etwas.

Auch in der Grundschule hatte er immer wieder damit zu tun, dass MitschülerInnen sich an seinen Eigenarten „störten“ und dies nutzten ihn anzugreifen.
Aber auch hier schritt die Lehrkraft ein. Zwar bezog sie nie die anderen Eltern mit ein um auch von dort auf die Kinder einzuwirken, aber sie tat etwas.
Später erfuhr ich allerdings, dass sie sich schon despektierlich mit anderen Eltern über unseren Sohn unterhielt, schließlich verhielte er sich komisch.
Wie hätte sie denn da auch Einfluss nehmen können. Forcierte sie doch so, dass die Eltern (die meisten machen so was ja am Abendbrottisch vor den Kindern) sich über den komischen Mitschüler unterhielten.
Und glaubt mir, ein Ausdruck zu einem Eindruck, dem nicht widersprochen wird setzt sich schnell in Kinderhirnen fest und überträgt sich dann auf den Pausenhof.

Mit dem Wechsel auf die weiterführende Schule wurde es schnell unerträglich.

Zwar hatten wir nur wenige alte Klassenkameraden an der neuen Schule, aber unser Sohn war immer noch „komisch“.
Mobbing war in der 5-zügigen Stufe stark verbreitet, am schlimmsten allerdings in der Klasse des Großen.
Und die Lehrkräfte hatten kein Interesse daran dieses abzustellen.
Bei ihnen herrschte die Meinung vor, dass die Kinder mit Einstieg in die 5. Klasse nun wirklich alt genug wären, ihre „Streitigkeiten“ selber zu lösen.

Sie verweigerten egal wem Hilfe.

Selbst als die Elternratsvertreter für eine Vielzahl von SchülerInnen vorstellig wurden hieß es lapidar „Mobbing gibt es an unserer Schule nicht“.

Das Lehrkräfte nicht immer sehen (wollen) das auch ihr Verhalten zu Mobbing anstiftet ist in diesem Text gut beschrieben.

Jeden Tag werden Myriaden an Schülern vor versammelter Mannschaft beschimpft, kritisiert, lächerlich gemacht, angeschrien, definiert, manipuliert, bloßgestellt, abgewertet, schuldig gesprochen, zum Abschuss freigegeben, kategorisiert, verglichen, abgestempelt, bedroht, ermahnt, bestraft, gezwungen, verängstigt, mit komplett sinnlosen Strafarbeiten zugemüllt, auf „stille Stühle“ gesetzt, in „Trainingsräume“ geschickt und mit einem Lächeln für „vogelfrei“ erklärt. Sie werden gemobbt!

Ab Klasse 6 wurden wir im Gegenteil dazu gedrängelt zu schauen, warum unser Sohn so komisch wäre. Schließlich würde er dadurch ja die MitschülerInnen dazu animieren ihn zu hänseln.
Und er müsse sich ändern, dann würde die Hänselei auch aufhören.

Und so begann vor 11 Jahren mit einer Elternberatungsstelle unser Weg zur Diagnose.

Was wir beim Ältesten währenddessen und danach, auch bei den Geschwistern, immer wieder hatten war Mobbing.
Nur beim Jüngsten hatten wir bisher Glück.

Und Lehrkräfte, die dem Problem hilflos gegenüber standen.

Die einen negierten das Problem.
Andere schoben immer noch das Problem meinen Kindern zu.
Denn ja, das Mobbing sprang auch auf die Geschwister über, denn sie hatten Geschwisterkinder und/oder Freunde, aus der Klasse des Ältesten.
Wieder andere probierten irgendwelche Methoden aus, ohne entsprechende Schulungen gehabt zu haben.

Übrigens, nur als Zwischeninfo, Mobbing löst sich nicht nach einer einmaligen Intervention auf.

Hach ja, wir haben einiges durch.

Die Schäden, die dadurch entstanden sind, tragen meine Kinder ihr lebenlang mit sich.

Hier beschreibt eine Autistin, wie sie Mobbing erlebt hat.

Meine Schulzeit ist viele Jahre her, aber die Auswirkungen sind bis heute geblieben. Bedingt durch meine autistischen Schwierigkeiten hatte ich schon immer wenig Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, aber der letzte Rest davon wurde mir als Jugendliche auch noch aus der Seele gepresst. Es dauerte nur wenige Augenblicke das Selbstwertgefühl zu zerstören, aber viele Jahre um es wieder aufzubauen.

Dem kann ich mich nur anschließen.

Ich sehe bei meinen Kindern, dass die Folgen gravierend sind.

Das Mobbing hat beim Großen ein Trauma und eine immer wieder kehrende Depression „erzeugt“.
Und auch die Geschwister sind da nicht schadlos geblieben.
Es kostet ihn und sie so unglaublich viel Kraft und Nerven.
Jeder dumme Spruch zieht runter. Und reales, neu aufkeimendes Mobbing reißt Wunden auf.

Nun ist die Traumaforschung und vor allem die Therapie von Trauma bei AutistInnen bis jetzt nur ein Randthema.

Ich hoffe sehr, dass die Forschung von Prof. Elbing schnell voran schreitet und sich bald Wissen dazu bildet, wie man Trauma bei AutistInnen behandeln kann.
Denn Autismus macht eine etwaige Therapie nicht einfacher.
Bzw., einfache Lösungen taugen nicht.

Hier muss noch individueller gedacht und gehandelt werden.

Denn es besteht Handlungsbedarf und es braucht gute Therapiestellen.

Und es braucht endlich Akzeptanz dafür, dass Mobbing kein Kavaliersdelikt ist.

Ob nun der gemobbte Autist ist, oder nicht.

Mobbing ist schädlich.

Ich möchte hier unbedingt noch eine wichtiges und gutes Buch zum Thema Mobbing empfehlen.

Francoise Alsaker „Mutig gegen Mobbing“

Das Buch soll Mut machen: denn der Umgang mit Mobbing ist keine Zauberkunst. Wenn man bereit ist, eigene Vorstellungen zu überdenken, Handlungsmuster zu ändern und miteinander über unangenehme Themen zu reden, dann kann mit etwas Mut viel erreicht werden.

Update 03.12.19

Ich möchte hier noch auf zwei lesenswerte Artikel von Patricia Cammarata, besser bekannt als „dasNuf“ hinweisen.

Let’s Talk – Cyber-Mobbing Teil 1

Wann immer sie sich in schulischen Konfliktsituationen an ihre Erzieherinnen gewendet haben, wurden sie mit den Worten „Jetzt sei doch nicht so eine Petze und klär’ das selbst” weggeschickt. Eine unmögliche Ansage, auf die wir als Eltern dringend aufmerksam machen sollten, und zwar im persönlichen Gespräch mit dem/der jeweiligen Erzieher*in bzw. Lehrer*in.

Dem Rat möchte ich mich unbedingt anschließen.

Let’s Talk – Cyber-Mobbing Teil 2

Die meisten Eltern sind natürlich total geschockt, wenn sich herausstellt, dass ihr Kind andere Kinder bedroht, belästigt oder anderweitig unter Druck setzt. Oft ist es ein Reflex von Eltern, vorgebrachte Vorwürfe zurückzuweisen. Darum mein Rat: Zu allererst tief durchatmen, die Gedanken ordnen und vor allem zuhören. Lasst euch so viele Details wie möglich schildern, bevor ihr das Gespräch mit eurem Kind sucht. Sorgt dafür, dass das Mobbing bzw. das sonstige Fehlverhalten umgehend stoppt und sich nicht wiederholt. Das hat höchste Priorität.

Noch etwas liebe Eltern, greift bitte nicht das Elter des gemobbten Kindes an, nur weil ihr Euch nicht vorstellen könnt, dass Euer Kind Täter sein könnte. Und bitte, schon gar nicht vor Eurem Kind oder dem gemobbten Kind.

Mobbing ist schädlich, auch für die Täter.

Es gilt die Situation aufzulösen.

Schuldzuweisungen unter Erwachsenen helfen niemandem.
Aber vor allem nicht den gemobbten / mobbenden Kindern und Jugendlichen.

Update 19.12.2019

Noch ein guter Text, der die Probleme im Nachhinein sehr gut erklärt.

Konflikte die man nicht lösen kann – Mobbing

Der Konflikt ist somit nicht auf der Seite des Opfers zu suchen und auch nicht dort zu lösen. Einfach? Jein: Das Opfer muß Schuldzuweisungen an sich ablehnen und Abgrenzung lernen, was aber meist zu spät ist, da diese Grenzen bereits erheblich verletzt wurden. Niemals darf man sagen, die gemobbte Person sei selbst schuld weil a, b, oder c – echte, sachbezogene Konflikte lassen sich unter vernünftigen Erwachsenen anders klären. Mobbing hat jedoch kein Sachbezug!

 

Schulbegleiter sollen NICHT … Eltern dürfen NICHT … autistische Kinder müssen NICHT … – Tokensysteme sind Mist – ein Rant

 

Wie ich das obige gestern zum ersten Mal gelesen habe, hat mich kalte Wut gepackt.

Eine Schulbegleitung berichtet aus ihrem Arbeitsalltag mit einem autistischen Kind und gibt diese „Erfahrungswerte“ an Menschen weiter, die als Schulbegleiter arbeiten möchten.

Einfach so – mit einem fröhlichen und zufriedenem Smiley garniert.

Meine Wut darüber ist immer noch nicht verraucht und es fällt mir sehr schwer, ruhig darüber zu schreiben, was an diesem „Ratschlag“ alles falsch ist.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich über so etwas aufrege. Es kamen schon öfter solche Fragen wie „Sollte eine Schulbegleitung strafen?“ und anderes was mir die Zornesröte ins Gesicht getrieben hat.

Um es mal ganz platt zu sagen

eine Schulbegleitung soll NICHT

  • strafen
  • erziehen
  • therapieren
  • in das Eltern / Kind – Verhältnis eingreifen

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Therapie bei autistischen Kindern – Erwartungen der Eltern

Ich habe mich ja schon oft gefragt, warum Eltern allen möglichen Unsinn an „Therapien“ in Erwägung ziehen oder gar nutzen um ihren autistischen Kindern zu helfen.

Und ja, dass diese Eltern auch (je nach Therapieformat leider aber erstmal sich selbst) ihren Kindern helfen wollen stelle ich nicht in Abrede.

Über den Behandlungswahn hatte ich ja schon öfter geschrieben.
Und was es da nicht alles für Blödsinn gibt.
Mela Eckenfels hat dazu schon einige sehr interessante Beiträge geschrieben. Unter anderem in „Die hässliche Fratze der Alternativmedizin“ und  in diesem Vortrag „Goldesel“ hat sie die Mechanismen der Anbieter durchleuchtet. Weiterlesen „Therapie bei autistischen Kindern – Erwartungen der Eltern“