„wie unsichtbare Funken“ von Elle McNicoll

ne Buchempfehlung …

… wie schreibt man die eigentlich?

Einfach nur ne Kaufempfehlung ist mir zu wenig für das Buch, das ich gerade ausgelesen habe.

Ich hab vor Wochen eine Rezension gelesen, über ein Jugendbuch in dem die Protagonistin und ihre Schwester Autistinnen sind.
Das Buch wurde von einer Autistin geschrieben.
Das kann ein Qualitätsmerkmal sein, muss es aber nicht, wenn ich so auf mein Regalbrett schaue.
Also las ich recht skeptisch diese Rezension.
Als dort stand das es etwas zu „lexikalisch“ geraten wäre, wohl mit dem Willen Aufklärung zu betreiben, beschloss ich es zu kaufen.

Wenn Nichtautist/-innen sowas schreiben, hat es sie meist angestrengt und störte sie im Lesefluss.

Was aber nichts über die Qualität aussagt, Nichtautist/-innen sind leider oft etwas entnervt wenn man ihnen etwas erklärt, mich machte genau das hingegen sehr neugierig.

Also Buch bestellt, einen Tag später in meiner Lieblingsbuchhandlung abgeholt, meiner Tochter davon erzählt und dann sah ich das Buch erst am Abend wieder.

Und sie fand es grandios.

Sie hat sowas von Recht. Es ist grandios.

Die Autorin Elle McNicoll schrieb „A Kind of Spark“, in der Übersetzung heißt es „Wie unsichtbare Funken“. (Link direkt zum Verlag, kein Affiliatelink)

Die Protagonistin ist 11 Jahre alt und Autistin.

Sie besteht darauf, dass man über sie sagt, dass sie Autistin ist und nicht „… hat Autismus“.

Sie weiß sehr gut, dass sie anders ist. Aber anders sein findet sie nicht schlecht.

Die Rahmenhandlung erzählt von ihren Kampf für ein Denkmal zur Erinnerung an die unschuldig als Hexen verurteilten Frauen in ihrem Städtchen.

Diese wurden verurteilt, weil sie anders waren.
Addie zieht den nachvollziehbaren Rückschluss, dass ihr eigenes Anderssein damals sehr zu ihrem Nachteil gewesen wäre.

Wichtiger hingegen ist allerdings die „nebenbei“ laufende Hintergrundgeschichte über Mobbing und die Erklärung des Andersseins von Addie und ihrer Schwester und deren Freundin.

Und auch über den Zusammenhalt innerhalb der Familie und wie diese sich gegen das Mobbing stellt und Addie unterstützt.

Das Buch ist voll von Erklärungen zu Addies Autismus, zu Stimming, zu Masking und was dies alles auslöst.

Besonders herausgehoben wird eine Lehrkraft, die bereits der Schwester von Addie das Leben zur Hölle machte.

Sie betrachtet die Anwesenheit von Addie als Beleidigung ihrer Person und fühlt ihre Lehrbefähigung durch Addie in Frage gestellt.
Das alleine reicht aus, um Mobbing gegen Addie zu betreiben.

Aber Addie hat auch Fürsprecher, Erwachsene die sich für sie stark machen und einschreiten. Das passiert leider in dieser Deutlichkeit sehr selten in Schulen. Und das bedaure ich sehr.

Für Addie war es der wichtigste Punkt, zu erkennen, dass sie vorbehaltlos gemocht wird und Leute nicht schweigen.

Und es war der Moment, der sie befähigte, das Denkmal durchzusetzen.

Überhaupt sind die „leisen“ Momente, in denen beschrieben wird wie Erwachsene handeln und welche Auswirkungen es auf Addie hat, sehr wertvoll; seien sie nun positiv oder negativ.

Ein Jugendroman, den ich unbesehen für jugendliche Autisten empfehlen kann, um mehr über sich selber zu lernen.

Ein Roman, den ich allerdings VOR ALLEM Erwachsenen empfehlen will; seien es nun Eltern, Lehrkräfte oder Sozialpädagogen.
Ihr könnt da unheimlich viel über Euch selber lernen und welchen Eindrücke ihr bei den autistischen Kindern hinterlasst, die mit Euch zusammenleben oder mit denen ihr arbeitet.

Das Buch ist nicht mit erhobenen Zeigefinger geschrieben, keine Angst.
Aber große Interpretationsfähigkeiten braucht Ihr auch nicht, um zu verstehen an welcher Stelle was warum schief läuft.

Nachtrag:

Es ist schon als Serie verfilmt worden. Hier ein Bericht über die Serie.

Falls wer die Serie schon gesehen hat, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn er hier kommentieren würde.

Was ich im Trailer sehen konnte, wurde die Handlung weiterentwickelt bzw. erweitert. Das muss aber nicht schlecht sein.

Was hervorzuheben ist, dass autistische Schauspielerinnen die autistischen Figuren spielten und das Team rund herum ebenfalls neurodivergent bzw. autistisch war.

Das hat Seltenheitswert und ist gerade deswegen bemerkenswert.

Nachtrag 11.09.2023:

Elle McNicoll hat auf ihrer Homepage angekündigt, dass im April 2024 das Buch zu Keedie erscheinen wird. Ich freue mich schon darauf, lesen zu können, wie es mit Keedie und auch ihrer Freundin Bonnie weitergeht.

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