Studien zu Autismus III, heute zu „prosozialem Verhalten“

Ich habe heute morgen eine Mitteilung über eine anlaufende Studie (Archivlink, da die Erfahrung zeigt, dass solche Mitteilungen bei zu viel Gegenwind verschwinden) zu Autismus gelesen und bin…, erzürnt ist das falsche Wort.
Passendere Worte fallen mir zwar ein, gehören hier aber nicht hin.

Zur Begriffsklärung finde ich des Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik interessant.

Prosoziales Verhalten ist ein positives, konstruktives, hilfsbereites Verhalten und das Gegenteil von antisozialem Verhalten. Allerdings spielen die Erwartungen darüber, ob sich jemand sozial verhält, für die zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle, denn Menschen passen ihr eigenes Verhalten an, je nachdem, ob sie von anderen Hilfe erwarten oder nicht. (Stangl, 2020).

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2020). Stichwort: ‚prosoziales Verhalten‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/4226/prosoziales-verhalten/ (2020-09-03)

Es wird also AutistInnen bzw. autistischen Kindern unterstellt, dass sie lernen müssen, sich sozial zu verhalten.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass unterstellt wird, dass AutistInnen bzw. autistische Kinder sich erstmal antisozial verhalten würden, weil dies ihrer Natur entsprechen würde.

 
Gleichzeitig wird davon ausgegangenn dass alle NICHTautistInnen immer prosoziales Verhalten zeigen.
 
Wie kommt man bitte darauf, dass AutistInnen, die oft Probleme in der sozialen Kommunikation mit NichtautistInnen haben, grundsätzlich antisozial unterwegs seien?
 
Kann mal bitte jemand NichtautistInnen erklären, dass prosoziales Verhalten nicht nur mit Überschwang, Geschenken und übermäßigem Körperkontakt (Umarmungen etc. pp.) in Verbindung gebracht werden darf.
 
Es geistert mal wieder absolutes Nichtverstehen zu Autismus durch den wissenschaftlichen Raum.
Und wieder werden AutistInnen nicht in die Studien mit einbezogen, bzw. nur als Versuchsobjekte betrachtet. Dazu hatte ich hier und hier bereits geschrieben.
 
Selbstverständlich sollen über diese neue Studie auch wieder Behandlungsmöglichkeiten erprobt werden, was mich sofort an den Behandlungswahn erinnert, den ich hier und hier bereits kritisiert hatte.
Auch das oft erwähnte Thema Neurofeedback darf nicht fehlen.
Wer dazu die Meinung einer Autistin lesen mag, hier entlang.
Und zur Hirnstimulation, es wird wohl TMS gemeint sein, oder vielleicht THS? Es geht jedenfalls nicht aus der Ankündigung hervor.
Allerdings sind beide Vorgehensweisen nicht unumstritten.
Aber es geht ja nur darum AutistInnen auf nichtautistisch zu trimmen, oder etwa nicht?
 
Ich möchte hier gerne auf die Stimmen von AutistInnen verweisen, was diese von den Ideen halten.
 
 
@ganda85 auf Twitter
Evtl. lernen Autisten prosoziales Verhalten genauso wie Nichtautisten. Dazu wäre natürlich Voraussetzung, dass nichtautistische Erwachsene prosoziales Verhalten gegenüber autistischen Kindern zeigen würden. Das würde Einiges vereinfachen, passiert aber oft nicht. Forscht da mal!
 
@VulgarisLoligo  auf Twitter
 
Wenn wir „prosoziales Verhalten“ lernen sollen, impliziert das, dass wir sonst nur „antisozial“ können. Oder? In meinem Autisten-Freundeskreis fühle ich mich jedenfalls als soziales Wesen integriert. Wer legt nun fest, was „pro“ ist? Die Mehrheit?
 
@aspergianer auf Twitter
„Prosozial“ ist ein Begriff, der sich schon bei der blossen Nennung selbst verbrennt. Viele Autisten sind sehr sozial. Nur weil sie sich nicht beliebig verbiegen lassen sondern auch mal geradeaus sagen was sie denken, heisst das nicht,
 
@fotobus auf Twitter
„Den Forschenden geht es vor allem um prosoziales Verhalten, das heißt Verhaltensweisen, von denen auch andere Menschen profitieren können, indem ihnen zum Beispiel eine Freude gemacht oder geholfen wird.“ Super Sache. Bringt das mal den Nicht-Autisten bei. Da sind viele … 2/x
Und auch Eltern autistischer Kinder haben eine Meinung dazu.
 
 
@SongoftheRiver1 auf Twitter
Also ich hätte da mal einen Tipp für eine zweite Studie. „Wie können nichtautistische Menschen ihre sozialen Fähigkeiten im Umgang mit Autisten verbessern und prosoziales Verhalten ihnen gegenüber lernen?“ Arbeit an der Gesellschaft als solches, nicht an den MmB.
 
Wobei ich hier klar vorziehen würde, dass diese Studie vorgezogen wird!
 
 
Ich selber schrieb
WIESO wird unterstellt, d AutistInnen kein „prosoziales“ Verhalten hätten?
 
Kennen Sie NichtautistInnen d jederzeit und überall jedermann gegenüber prosozial sind?
 
Ich nicht.
VOR ALLEM NICHT wenn es darum geht, AutistInnen Nachteilsausgleiche zu gewähren.
Jede/r NichtautistIn darf ihre Routinen und selbstgewählten Strukturen haben, darf Fehler machen und sich entwickeln.
Bei AutistInnen wird alles zum Problem, was das Umfeld stört.
 
Und sei es nur, dass AutistInnen mit klarer Kommunikaktion am besten zurecht kommen, und NichautistInnen diese nicht gewähren.
 
Dazu auch ein Tweet von mir.
Unklare Kommunikation v Seiten einiger Lehrkräfte.
Null Problemo.
Das autistische Kind und seine Schulbegleitung dürfen zu hellsehenden Personen mutieren.
 
Aber WEHE DEM das autistische Kind kommuniziert unklar.
 
DANN besteht _dringender therapeutischer Bedarf_.
 
Finde den Fehler
 
 
Außenstehende NichtautistInnen mit kaum Ahnung von Autismus, besser gesagt belastet mit Klischee„wissen“ und Vorurteilen, definieren Probleme.
Sie benennen Therapiebedarfe und scheuen auch nicht davor zurück, Eltern autistischer Kinder Erziehungsunfähigkeit zu testieren.
 
Nie oder nur in ganz seltenen Einzelfällen wird erkannt, dass auch NichtautistInnen etwas zur Kommunikation beitragen und diese oft fehlerhaft von Seiten der NichtautistInnen ist.
 
Das autistische Kind soll ständig sein Verhalten reflektieren und verbessern.
NichtautistInnen und nichtautistische Kinder hingegen sehen da keinerlei Bringschuld auf ihrer Seite.
Schließlich sind sie ja nicht behindert und somit auch nicht reparaturbedürftig.
 
Dabei sind es gerade NichtautistInnen, die täglich ihre Unfähigkeit darin beweisen, autistische Kinder bzw. AutistInnen korrekt zu lesen.
Dies ist oft zu erkennen, wenn autistischen Kindern / AutistInnen mal wieder abgesprochen wird empathisch sein zu können.
Dazu habe ich hier bereits geschrieben.
 
Geht mir weg mit Studien zu irgendwelchen „Therapie“möglichkeiten wo augenscheinlich nur der Effekt des Geldverdienens Gelder für die Studien eingeworben haben können.
Anders kann ich mir nicht erklären warum NIE untersucht wird, wie gute Unterstützung von NichtautistInnen auszusehen hätte und welchen Benefit AutistInnen daraus ziehen würden.
 
Rant Ende.

 

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2 Kommentare zu „Studien zu Autismus III, heute zu „prosozialem Verhalten““

  1. Wie antisozial Nichtautisten sein können, führt mir gerade jemand vor, zu dessen Berufsbeschreibung es gehören sollte, prosozial zu sein. Wenn ich dann antisozial bin, dann ganz bewusst. Lasse ich mir nicht bieten. Umgekehrt kann ich sehr sozial sein. Ich hoffe, dass diese Truppe merkt,  dass ich im Kern daran interessiert bin, prosozial zu sein, ich aber meine guten Manieren „vergesse“, wenn dies auf Schlüsselpersonen nicht zutrifft. Dann bin ich wütend.

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