… ist immer subjektiv.
So,
und genau hier könnte der Blogpost enden.
Aber leider …
nun ja, für autistische SchülerInnen und das sie umgebende nichtautistische Umfeld scheinen wohl andere Regeln zu gelten.
Vor allem was die Bewertung der jeweiligen Wahrnehmung betrifft. Selbiges kann man übrigens auch bei SchülerInnen mit ADHS beobachten.
Im System Schule bewegen sich viele Menschen.
Lehrkräfte, weitere Angestellte innerhalb der Schule, SchülerInnen und zum Teil auch Schulbegleiter.
Jeder einzelne Mensch hat einen Lebenshintergrund, der sich gebildet hat aufgrund von Vorerfahrungen und Erlebnissen sowie Lebensverhältnissen.
Diese sind bei keinem einzigen der vorgenannten Menschen identisch.
Wahrnehmung betrifft viele Sinneskanäle und der eine Mensch kann gut filtern, der nächste überhaupt nicht.
Zudem, was für den einen Menschen herrlich und wunderschön ist, ist für den nächsten nervtötend und scheußlich.
Die große Gruppe erzeugt einen Konsens darüber, was als allgemeingültige Wahrnehmung zu gelten hat.
Zum Beispiel was Lärm, Licht oder Gerüche angeht.
Auch im sozialen Kontext gibt es diese Form des Konsens, bzw. versucht die größere Gruppe diesen herbeizuführen.
Nun heißt das aber nicht, dass dieser Konsens für alle Gültigkeit haben kann.
Und es heißt auch nicht, dass die größere Gruppe immer konkret den kompletten Kontext erfasst hat / haben kann, um halbwegs realistischen Konsens erzeugen zu können.
Gut erkennbar ist dies übrigens aus Zeugenbefragungen bei Autounfällen.
Um eine Situation korrekt zusammenfassen zu können braucht es meist einen Unbeteiligten, der möglichst objektiv versucht Schilderungen einzuordnen und der NICHT einzelnen aus der Gruppe ein höheres Gewicht ihrer Schilderung beimisst.
Das bedeutet im Fall eines Autounfalles, dass die Aussage eines Arztes gleichwertig anerkannt wird, wie die eines Obdachlosen.
Oder im schulischen Kontext, dass die Wahrnehmung eines autistischen Kindes gleichwertig betrachtet wird, wie die eines nichtautistischen Kindes.
Und, um auf die Erwachsenenebene zu kommen, die Beobachtung einer Schulbegleitung nicht weniger wert ist als jene einer Lehrkraft.
Und jetzt kommen wir zu dem, wie es tatsächlich abläuft.
Die Wahrnehmung autistischer SchülerInnen und/oder SchülerInnen mit ADHS wird in 90% der Fälle von den Nichtbetroffenen als falsch deklariert, seien es nun Sinneseindrücke oder soziale Kommunikation.
Lehrkräfte, vor allem jene die Autismus und ADHS als Erziehungsproblem verstanden wissen wollen, betonen dies auch gerne vor der ganzen Klasse, dass der/die jeweilige SchülerIn ja gar nicht korrekt Dinge einordnen würde.
Gleichzeitig stellen eben jene ihre eigene Wahrnehmung als unumstößlich korrekte Wahrnehmung hin.
Wer das wagt zu hinterfragen, wird als Aggressor dargestellt.
Was auch interessant ist, dass autistische SchülerInnen und/oder jene mit ADHS niemals Rückbezüge auf alte Situationen ziehen dürfen.
Wohingegen Lehrkräfte dies immer tun dürfen.
Man kann hier getrost von einem Machtspiel sprechen, was die Lehrkraft meistens gewinnt. Auch, weil ihrem Wort im Kollegium oder von Jugendamtsseite meist mehr Wert zugesprochen wird und durch geschickte Argumentation das Empfinden, die Wahrnehmung des/r jeweiligen SchülerIn als nicht so wichtig oder gar falsch abgetan wird.
Was die Wahrnehmung von Aggression betrifft, möchte ich noch auf folgendes verweisen
Projektion:
Die eigenen Gefühle werden in das Gegenüber hineinprojiziert . Man nimmt dann zB den anderen als aggressiv wahr, obwohl man selbst aggressiv ist
Dies ist nur sehr schwer aufzulösen, meist auch nur, wenn jemand Unbeteiligtes von außen neu auf die Situation schaut.
Das halte ich im übrigen für empfehlenswert, um aus dem Ruder gelaufene Situationen zu befrieden.
Ich halte es allerdings für unannehmbar, wenn autistischen SchülerInnen und/oder ADHSlerInnen nicht nur ihre Wahrnehmung abgesprochen wird, sondern unterstellt wird, dass sie lügen.
Dieser zweite Schritt, der nicht immer eintritt, wird gerne vorgenommen um sich einer/s arbeitsintensiven SchülerIn zu entledigen.
Es ist eine ziemlich perfide Taktik, die meist damit einhergeht, dass die Behinderung bzw. das Sein des/der SchülerIn komplett in Frage gestellt wird.
Es wird nicht selten postuliert, dass das Elternhaus unfähig wäre erzieherisch wirksam zu handeln.
Aufgrund nun langjähriger Erfahrung in der Selbsthilfe, halte ich es für sehr wichtig, bereits sehr früh die Wahrnehmungsunterschiede festzustellen und aufzudröseln.
Und wenn es zu Machtspielchen kommt, diesen entschieden entgegen zu treten.
Im Zweifel lohnt es sich, Tagebuch zu führen oder Gedächtnisprotokolle anzufertigen. Denn nicht selten werden aus unerfindlichen uralte Kamellen hochgepuscht, wenn es passend erscheint.
Wer dann nicht erklären kann was war, ist leider sehr weit hinten.
Was mir wichtig ist, dass das Kind sich auf seine Eltern verlassen kann. Dass es seine Wahrnehmung schildern darf und darüber mit seinen Eltern und wenn vorhanden mit der Schulbegleitung ins Gespräch kommt.
Die Wahrnehmung autistischer SchülerInnen und/oder ADHSlern ist nicht falsch. Der Blickwinkel ist meist ein anderer.
Ein Perspektivwechsel ist wichtig.
Ich behaupte auch nicht, dass Lehrkräfte grundsätzlich alles falsch wahrnehmen würden.
Erst, wenn man beide Positionen nebeneinander stellt, besteht die Möglichkeit einen Konsens zu finden.
Beide Postionen haben gleiches Gewicht, daraus kann Verstehen entstehen.
Danke ♥️
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